Tarakot
Ein Doppelklick auf ein Foto vergrößert das Bild!
Um 6 Uhr werden wir, wie von nun an fast jedem Tag, von
unseren Sherpas geweckt. Mein Schlafsack ist völlig durchnässt von meinem
Schweiß, aber ich fühle mich viel besser und bin voll guter Dinge, den Tag gut
zu überstehen.
Nach dem Frühstück brechen wir mit dem Tagesziel Tarakot
auf. Wir gehen weiter im Thuli Bheri Khola-Tal. Zunächst auf der rechten Seite
flussaufwärts, queren wir nach ca. 30 Minuten Gehzeit über eine kleine Brücke
auf die andere Flussseite. Den ganzen Tag geht es im ständigen leichten auf und
ab dass Flusstal hoch. Kurz vor Tarakot wechseln wir auf einer ziemlich
wackeligen Brücke wieder auf die andere Flussseite und erreichen nach einem
letzten Anstieg unser Ziel Tarakot.
Der Weg durch das Tal ist fantastisch. Teilweise direkt am
rauschenden Fluss entlang, geht es über mit dicken Steinen am Flussrand
befestigte Wege. Der Fluss ist teilweise so laut, dass man sich kaum
verständigen kann.
Als wir gegen Mittag in der Nähe einiger Häuser unsere
Mittagspause machen, sind wir wieder nach wenigen Minuten von einer Schar Kinder
umlagert. Die Erwachsenen halten sich zunächst im Hintergrund, kommen dann aber
doch immer näher, um sich alles anzuschauen, was diese Fremden da so alles mit
rumschleppen.
Das Wetter ist heute auf unserer Seite. Die Sonne scheint
den ganzen Tag und als wir Tarakot (2500 Meter) erreichen, kann ich meinen durchnässten
Schlafsack zum trocknen raushängen. Bei Sonne und einem leichtem Wind ist der
Schlafsack Ruckzuck trocken.
Kurz nachdem wir unsere Zelte aufgebaut haben, bekommen wir
leider unliebsamen Besuch. Eine kleine bewaffnete Gruppe von Maoisten verlangt
ihren Wegezoll. Bereits bei der Vorbereitung der Reise war uns bewusst, dass
sich dieser Kontakt wohl nicht vermeiden lässt. Durch das große Militärlager in
Dunai ist uns dieser Kontakt am ersten Tag wohl erspart geblieben. Aber nun,
einen ganzen Tagesmarsch von Dunai entfernt, wo das Militär nicht mehr präsent
ist, haben die Maos die Oberhand. Nachdem die Gruppe sich zunächst einmal
umgesehen hat, erscheint sie kurz darauf mit Verstärkung. Der „Mao-Distriktchef
des Dolpo“ persönlich gibt sich die zweifelhafte Ehre. Die Forderungen für den
Weiterweg machen uns dann zunächst einmal sprachlos. Für den Weg nur im Lower
Dolpo verlangen die Maoisten 100 US-Dollar, für das ganze Dolpo 200 Dollar.
Damit hatten wir nicht gerechnet. Die uns aus dem Internet bekannten Beträge
beliefen sich auf maximal 100 Dollar. Nach einer längeren Diskussion, die
allerdings nicht dazu führt, dass die Beträge reduziert wurden, müssen wir erst
einmal klären, ob wir den geforderten Betrag überhaupt zusammenbekommen, denn
auch unsere Führer werden mit zur Kasse gebeten. Außerdem gilt es in der Gruppe
zu klären, ob wir die Beträge grundsätzlich zahlen wollen.
Da es nur zwei Alternativen gibt, zahlen oder umkehren,
sind wir uns eigentlich schnell einig, dass wir zahlen. Das benötigte Geld
bekommen wir, nachdem alle ihre Reserven zusammengelegt haben, auch zusammen. Es
wird vereinbart, das Geld morgen Mittag, an unserem Rastplatz, auszuhändigen.
Nachdem die Maos wieder abgezogen sind, wird im Zelt
natürlich noch lange über diese Begegnung und die Situation gesprochen und
diskutiert.