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Tingkyu

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Vom Tso La geht der Weg zunächst ein wenig steiler bergab. Aber schon bald haben wir das steilste Stück bewältigt und können nun gemächlicher in Richtung Tingkyu absteigen.

Heute ist auf dieser Seite des Passes jede Menge los. Eine Karawane nach der anderen begegnet uns und wir nennen die Strecke schon bald Himalaya-Highway. Als erstes kommt uns wieder eine Mulikarawane entgegen, aber dann kommen sie endlich, die lang ersehnten Yakkarawanen.  Grosse schwere Tiere mit dickem zotteligen Fell, voll bepackt mit Salz und Reis und vielen anderen Sachen, die die Nomaden in China gekauft oder getauscht haben. Wie die Mulikarawanen vorher auch, sind die Yaks zum Teil wunderschön mit bunten Bändern und Glocken geschmückt. Die Männer, die zum größten Teil auf Pferden die Karawanen begleiten, sehen mit ihren rot geflochtenen Haarbändern verwegen aus. Aber trotz der sicherlich anstrengenden langen Reise, die sie hinter sich haben, machen sie einen fröhlichen Eindruck und begrüßen uns sehr herzlich. Vielleicht ist es die Vorfreude auf das baldige Erreichen ihres Ziels - Dho! Wir sehen an diesem Vormittag bestimmt an die Tausend beladene Yaks.

 

Auf einem kleinen Zwischenplateau, schlägt eine Karawane gerade ihre Zelte auf, um hier zu übernachten. Da wir hier ebenfalls eine kleine Pause einlegen, kommen wir schnell in Kontakt. Einer der Männer versucht für sein kleines Plastikradio was er mir zeigt, eine Batterie zu bekommen. Als ich ihm eine gebe, freut er sich riesig. Als ich ihnen meinen Fotoapparat erkläre, möchte einer mal selber ein Foto von mir machen. Wie das Ergebnis zeigt, muss er dabei wohl noch etwas üben.

 

 

 

 

Gegen Mittag fängt es plötzlich an zu regnen und hört, bis auf kurze Pausen, nicht mehr auf. Eigentlich hatten wir gehofft, dass wir mit dem 5000er Pass die Wettergrenze passiert hätten und der Regen von nun an der Vergangenheit angehören würde. Wie sich in der nächsten Zeit herausstellen sollte, traf diese Hoffnung nicht zu.

Unser Weiterweg zu unserem heutigen Lagerplatz kurz vor Tingkyu wird nun sehr mühsam. Es geht zwar weiterhin nur leicht bergab, aber die Wege sind durch den Regen und die ganzen Tiere sehr matschig geworden. An einigen Hangpassagen sind schon Teile des Weges abgerutscht und wir müssen diese Stelle sehr vorsichtig passieren. Als wir das Flusstal des Sarung Khola erreichen, müssen wir einige Male die Flussseite wechseln. da es keine Brücke gibt, ist es schwierig, Passagen zu finden, wo wir über dicke Steine auf die andere Seite gelangen können.

Endlich erreichen wir dann doch unseren heutigen Lagerplatz. Auf einer wunderschönen Blumenwiese bei ca. 4300 Metern Höhe, schlagen wir unsere Zelte auf.  Trotz des Wolken verhangenen Himmels, der die meisten Berge verdeckt, haben wir einen grandiosen Blick talauswärts. Ein wenig Glück mit dem Wetter haben wir auch; wenigsten beim Aufbau der Zelte hört es auf zu regnen.

Im Essenszelt vergnügen wir uns mit einem einheimischen Brettspiel "Tiger und Schaf". ( Baagh Chaal oder Bag Chal) Die Spielfiguren sind 4 kleine Steine für die Tiger und 20 Maiskörner für die Schafe. Das Spielbrett wird auf einem Blatt Papier aufgezeichnet. Ganz entfernt erinnert das Spiel an unser "Damespiel".

Spielbrett in Groß bitte anklicken!

Ein Spieler ist der Tiger, der andere Spieler die Schafe. Die Tiger werden zum Spielbeginn auf die 4 Spielfeldecken positioniert. Die Schafe werden danach auf dem Spielbrett positioniert. Nach jedem setzen eines Schafes, muss ein Tiger aber um eine Feldposition verschoben werden. Ziel des Spiels ist es, dass der Tiger Schafe fressen kann, indem er ein Schaf überspringt oder die Schafe die Tiger so festgesetzt haben, dass diese keinen Zug mehr durchführen können. Sobald alle Schafe ebenfalls auf dem Spielfeldbrett positioniert sind, wird abwechseln gezogen. Sollte bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Schaft übersprungen worden sein, gibt es nur noch ein freies Feld auf dem Spielbrett auf das gezogen werden kann. Einer unserer Sherpas war ein wahrer Meister in diesem Spiel.

 

Auch am nächsten Morgen als wir wach werden, regnet es immer noch. Aber wir haben wieder Glück. Als wir mit dem Frühstück fertig sind, hört es auf und kurze Zeit später kommt sogar ein wenig die Sonne raus.

Auf der linken Flussseite geht es fast eben in Richtung Tingkyu. Die Wege sind nach dem ganzen regen natürlich weiter sehr matschig. An einer kurzen Felspassage kurz vor Tingkyu kommt uns wieder eine Yakkarawane entgegen. Voller Interesse verfolgen wir, wie die Tiere die enge Stelle passieren. Plötzlich bricht ein Stück des Weges weg und ein Yak stürzt den Abhang hinab in den Fluss. Wir können beobachten, wie das Yak im Fluss versucht, den Kopf aus dem Wasser zu bekommen, aber durch die schwere Ladung gelingt ihm das nicht so recht. Einige Männer springen den Abhang zum Fluss runter und schneiden die Ladung vom Rücken des Tieres ab. Erst danach gelingt es dem Tier, mit Hilfe der Männer, aus dem Fluss zu kommen.

 

 

Über eine Brücke wechseln wir auf die andere Flussseite und steigen dann nach Tingkyu (ca. 4100 Meter) hoch.

 

Hier soll der Maler Tenzing Norbu Lama wohnen. Durch seine Gemälde in dem Dolpo-Bildband von Eric Valli, sind wir auf ihn aufmerksam geworden. Bereits in Dho hatten wir nach ihm gefragt und die Auskunft erhalten, dass er hier in Tingkyu leben würde. Man schickt uns in ein kleines Seitental zu einem Haus, was ca. 30 Gehminuten entfernt liegt. Als wir dort ankommen, erfahren wir, dass er sich in der Gompa auf dem Bergrücken aufhält. Gut 300 Höhenmeter sind zu bewältigen um zur Gompa zu gelangen. Der Weg ist sehr steil und das Ziel leider nicht zu sehen. Als ich endlich vor der Gompa stehe, bin ich froh, den steilen Aufstieg hinter mir zu haben. Ich habe mehrer Male mit mir gekämpft, ob ich den Anstieg abbreche. Zum Glück habe ich es nicht gemacht, denn der Aufenthalt dort oben ist unvergesslich. Neben einem wunderschönen Ausblick über das Tal, lernen wir einen faszinierenden Menschen kennen. Wir werden herzlich begrüßt und mit Butterteee bewirtet.

Tenzing Norbu Lama wurde 1971 im Dolpo geboren. Bereits als Kind lernte er malen. Kein Wunder, denn bereits sein Vater und sein Großvater waren nicht nur Lamas, sondern ebenfalls Maler. Mitte der neunziger Jahre lernte er Eric Valli kennen, den ersten Weissen den er sah. Heute lebt Tenzing Norbu Lama mit seiner Frau und seinen Kinder teilweise in Kathmandu und teilweise im Dolpo. Durch den Kontakt mit Eric Valli ist er auch schon einige Male für kurze Zeit in Frankreich gewesen. Dort sind inzwischen auch 3 Bücher mit seinen Gemälden erschienen. Auf der Literaturseite stehe die entsprechenden Daten der Bücher.

Tenzing Norbu zeigt uns in der Gompa die ersten Gemälde, die er für ein neues Buch gemalt hat. Zu kaufen gibt es hier oben nichts von ihm.

Wer sich für die Bilder von Tenzing Norbu Lama interessiert, findet in Kathmandu in Thamel in der Lotus Gallery immer einige seiner Originale zum Kauf. Ansonsten kann man mit ihm über folgende Adresse in Kontakt treten:

Tenzing Norbu Lama
PO Box 15142, KPC 237
Kathmandu, Nepal

Email: dolponorbu@hotmail.com

Zum Abschluss unseres Besuches zeigt uns Tenzing Norbu Lama noch die kleine angrenzende Gompa, die zum Teil von seinem Großvater ausgemalt wurde.

Leider reicht die Zeit nicht aus, noch länger an diesem wundervollen Platz zu bleiben, denn heute liegt noch ein gutes Stück Wegstrecke in Richtung Shimen vor uns.

                                 Copyright  2010, Michael Reinold                      Impressum